Shelfware

Lizenz zum Entrümpeln

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Allzu tüchtige Verkäufer, halbherzige Projekte und das Kleingedruckte im Lizenzvertrag füllen die Regale mit Shelfware. CIOs berichten, wie sie sich vor der unnützen Software schützen, welche Verkäufer sie meiden und warum sie die Business Software Alliance nicht fürchten.

Roland Krieg kreuzt das Katastrophenzentrum des Frankfurter Flughafens. "Wenn mit einem Flug etwas passiert, dann tagt hier der Krisenstab", erklärt der Leiter des Bereichs Informations- und Kommunikationsdienstleistungen der Betreibergesellschaft Fraport. Zur Beruhigung schiebt er nach: "Das ist aber noch nie vorgekommen." Weiter geht es in den zweiten Stock, ein Mitarbeiter schließt die Tür zum Lager auf. Hinter 400 neuen, geleasten Desktops von Fujitsu Siemens taucht ein Regal mit Softwareschachteln auf, die mehr als einen Kleinbus füllen würden. Sollte die Business Software Alliance (BSA) nachforschen, ob Fraport über ausreichend Lizenzen verfügt, könnte Krieg die Kontrolleure hierher führen. Das ist aber auch noch nie vorgekommen.

Krieg sammelt die Schachteln, obwohl er keine Kontrollen fürchtet. Mag sein, dass die BSA den Firmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz im vergangenen Jahr zwei Millionen Euro Schadenersatz oder Nachlizenzierungskosten abgetrotzt hat. Mag sein, dass die Softwareverkäufer bis 2005 20 Prozent mehr Kontrollen (Audits) durchführen werden, wie es Gartner-Analyst Jon Mein prognostiziert. Mag auch sein, dass europäische Unternehmen häufiger als amerikanische geprüft werden. Doch damit beschäftigt sich der CIO des zweitgrößten europäischen Flughafens nur am Rande. Krieg will vielmehr mit seinem LizenzmanagementLizenzmanagement an Kontrolle über die Softwareanbieter gewinnen. Statt sich vorrechnen zu lassen, wie viel Software im Einsatz sein soll, checkt er die Nutzung lieber selbst. Alles zu Lizenzmanagement auf CIO.de

BSA - keine Gefahr

Shelfware, also Software, die ungenutzt im Regal liegen bleibt, ist dabei die eigentliche Triebfeder. Fehlende Lizenzen stören den normalen CIO erst in zweiter Linie. Daran ändert auch die Rechtslage nichts, nach der Manager für unzureichende Lizenzierung sogar persönlich haften. Die BSA-Kontrollen schrecken kaum: "OracleOracle hat im vergangenen Jahr weltweit nur 400 Audits durchgeführt", beruhigt Mein. "Auch bei Microsoft scheint das Drohen damit seit einem Jahr keine Strategie mehr zu sein." Kontrollen versprächen nur kurze Zeit Umsatz für die Anbieter und seien darum uninteressant. Anwendern böten sie dagegen die Chance, vorhandene Lizenzen produktiver einzusetzen. "Mindestens einmal im Jahr sollten Unternehmen interne Software-Audits durchführen", rät Mein. Sonst werde es durch Überlizenzierung teuer. Alles zu Oracle auf CIO.de

Beispiel Fraport: Der Betreiber der Flughäfen Frankfurt und Hahn investiert im Jahr rund 20 Millionen Euro in die Erweiterung und den Neuaufbau von Anwendungen, bei einem Gesamtbudget von 100 Millionen für die IT. Die Kosten für Kauf, Miete und Wartung von Software machen 6 Millionen Euro aus. "Unser Lizenzmanagement ist knapp, aber ehrlich", kommentiert der IT-Chef zufrieden.

Krieg zählt damit zu den Ausnahmen. Laut einer Studie von KPMG sind 40 Prozent der CIOs mit ihrem Lizenzmanagement nicht zufrieden, insbesondere weil Software im Unternehmen alles andere als knapp verteilt ist. Doppellizenzierungen und ungenutzte Lizenzen sind ein weit verbreitetes Phänomen: 42 Prozent der CRM-Software liegt noch ungenutzt in den Schränken, schätzt Gartner. 15 Prozent der Business IntelligenceBusiness Intelligence Tools sind noch nie zum Einsatz gekommen, will die Meta Group ermittelt haben. Über das wahre Ausmaß von Shelfware existieren jedoch nur ebenso unsichere Zahlen wie über private Internetnutzung oder Mobbing am Arbeitsplatz. Alles zu Business Intelligence auf CIO.de

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