Strategien


Logistik bei Dräger Safety

Profit in den Prozessen

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

Überzeugungsarbeit in der Belegschaft

Es galt allerdings nicht nur, IT-Probleme zu lösen. Denn transparente Prozesse verändern auch die Strukturen und bringen klare Verantwortlichkeiten mit sich. Schon seit Beginn des ersten Projekts haben Holzgreve und Zott deshalb die Beteiligten zu regelmäßigen "Projekttagen" zusammengerufen - anfangs alle zwei Wochen. "Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten und die Mitarbeiter für die Sache gewinnen, was nicht immer einfach war", erinnern sich die Partner. Es ging darum, Vertrauen zu schaffen: "Wenn wir den Niederlassungen nicht glaubwürdig vermitteln können, dass wir uns an unsere Lieferzusagen halten, horten sie natürlich mehr Ware vor Ort, um ihre Kunden bedienen zu können." Auch im aktuellen Projekt haben die bewährten Meetings ihren Platz: Ein halber Tag alle vier Wochen ist dafür fest eingeplant.

Um die Prozesskosten zu senken und die 30 Auslandsgesellschaften mit heterogener IT-Landschaft in eine gemeinsame Supply Chain zu integrieren, galt es zuerst die Frage zu beantworten, welche Prozesse für die globale Auftragsabwicklung und Planung gleich sein müssen. "Schon im ersten Schritt hatten wir die Artikeldaten weltweit in einem Global Master zusammengeführt - das ist unbedingte Voraussetzung für die automatische Abwicklung einheitlicher Inter-Company-Prozesse", erklärt Zott. Obwohl die Tochtergesellschaften unterschiedliche ERP-Systeme im Einsatz haben, lasse sich durch die Harmonisierung aller wichtigen Daten auf einer Konzerndatenbank die in der Vergangenheit gewachsene Heterogenität hervorragend beherrschen. Im Unternehmenssitz in Lübeck, wo die zentrale IT beheimatet ist, kommt SAPSAP zum Einsatz, ebenso bei den großen europäischen Tochterunternehmen - in England, Singapur und den USA. "Es ist aber nicht unser Ziel, alle Töchter auf SAP umzustellen", macht Holzgreve klar. Für kleinere Niederlassungen mit weniger als 20 Mitarbeitern sei das unangebracht: zu komplex, zu teuer. Alles zu SAP auf CIO.de

Zudem kann er sich gut vorstellen, dass Dräger künftig nicht nur organisch wächst, sondern auch durch weitere Unternehmenszukäufe. Dann sei es vor allem wichtig, die neue Tochter möglichst schnell in die Supply Chain einzubinden, ohne vorher das Unternehmen komplett - und meist langwierig - auf eine andere ERP-Software umstellen zu müssen. Und auch identische ERP-Systeme, weiß Logistikexperte Zott, sind noch kein Garant für eine reibungslose Kooperation: "Selbst SAP-Systeme gleicher Version können so unterschiedlich konfiguriert sein, dass sie sich ohne Anpassung nicht zusammenfügen lassen."

Auftragsabwicklung ohne ERP

Dräger hat indes einen anderen Weg beschritten: Aufträge und Artikel werden ausschließlich über ein Erfassungsprogramm auf Basis des MSE-Werkzeugs Point-out erfasst. Das Programm kommuniziert über den Logistic Data Bus, der die unterschiedlichen Datenformate in einer einheitlichen Tabellenstruktur ablegt, mit der zentralen Oracle-Datenbank. Die Daten werden in Echtzeit übernommen und - wiederum über den Logistic Data Bus - aus der Datenbank in das lokale ERP-System und die an Produktion und Abwicklung beteiligten Systeme übermittelt. "Auf diese Weise erreichen wir eine virtuelle, standortübergreifende Auftragsabwicklung; es ist doch kein Dogma, dass Aufträge in ERP-Systemen erfasst werden müssen", so Logistiker Zott. Ein weiterer Vorteil: Mit der globalen Datenbank können sowohl Zulieferer als auch Webshops und Marktplätze wie das Branchenportal CC-Chemplorer kommunizieren.

Keine absolute Gleichförmigkeit

Dem Anschluss einer Niederlassung geht der "Logistic Fingerprint" voraus. Dabei ermitteln die Logistikexperten von Dräger und MSE die lokalen Datenstrukturen und Prozesse, um sie an die Tabellenstruktur der globalen Datenbank anzupassen. "Wir trimmen dabei die Töchter nicht auf absolute Gleichförmigkeit", sagt Holzgreve. "Wir vereinheitlichen nur die für standortübergreifende Prozesse relevanten Daten." Das Projektgeschäft etwa, das die einzelnen Tochterunternehmen nach wie vor unterschiedlich abwickeln, werde nicht standardisiert. "Wir müssen nicht in die Prozesse der Niederlassungen für ihre ProjekteProjekte eingreifen; sie stehen der globalen Supply Chain nicht im Weg und sind in der Regel sehr gut an die lokalen Gegebenheiten angepasst. Eine Vereinheitlichung brächte hier keine Vorteile." Alles zu Projekte auf CIO.de

Bisher sind 10 der 30 Landesgesellschaften - darunter die umsatzstärksten in Deutschland, England, Holland, Singapur und den USA - an das zentrale System angebunden. Die anderen bestellen zurzeit noch per Fax oder E-Mail. Diesen Bestellweg will Holzgreve bis 2005 beseitigt haben; bis dahin soll auch die letzte Niederlassung an das Logistiksystem angeschlossen sein.

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