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200 Millionen Euro

Riesenprojekt: Talanx führt SAP ein

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.

Quasi nebenbei hatte der Talanx-CIO einen weiteren Change umzusetzen: Der Versicherungskonzern hat einen eigenen IT-Dienstleister gegründet, um die IT hinsichtlich Kosten und Qualität weiter zu optimieren. Im Herbst 2010 wurden die Vorbereitungen konkret, seit Juni 2011 gibt es die Talanx Systeme. Offiziell firmiert sie rückwirkend seit Jahresbeginn 2011. Komplett aber ist der vierköpfige Vorstand der "TaSys" erst seit November 2011. Noth hat den Vorstandsvorsitz übernommen und ist somit in Personalunion Talanx-IT-Vorstand und TaSys-Vorstands-Chef.

Analystensicht: Was SAP jetzt tun muss

Edgar Klein, Partner Consulting bei Deloitte, kommentiert das Engagement von SAP bei Talanx:

Edgar Klein, Partner Consulting bei Deloitte.
Edgar Klein, Partner Consulting bei Deloitte.
Foto: Deloitte

"SAP stößt mit der klassischen ERP-Software seit Langem an Wachstumsgrenzen. Branchenlösungen bieten den Walldorfern daher neue Potenziale. In dem Projekt mit Talanx erhält SAP einen Business-Content, den das Unternehmen in dieser Breite und Aktualität sonst nicht bekommen hätte oder selbst erstellen könnte. Inwieweit SAP diese Skills nun für andere Versicherungen nutzen kann, hängt davon ab, wie gut die Ergebnisse übertragbar sind. Für Mittelständler könnten die Lösungen interessant sein, wenn sie nicht zu teuer werden.

Große Häuser wie Allianz und Munich Re operieren stark mit Eigenentwicklungen. Generali und AXA sind stark von der Konzernzentrale bestimmt. SAP muss hier also überzeugend darstellen, dass die Konfiguration schnell und kostengünstig einsetzbar und auch international nutzbar ist. Die jetzigen SAP-Vorstandssprecher Jim Hagemann Snabe und Bill McDermott haben das auch verstanden und begreifen sich vorrangig als Anbieter von Business-Lösungen. Diese Haltung wird SAP helfen. Vorgänger Léo Apotheker hatte andere Prioritäten."

Change ist immer Eigenarbeit

Es sei schon "eine erhebliche zusätzliche Herausforderung" gewesen, noch parallel die unterschiedlichsten Erstversicherungs-IT-Einheiten des Konzerns in einem zentralen IT-Dienstleister zu bündeln, sagt Noth offen. Er sieht aber klare Vorteile in Sachen IT-Governance. Dass sich sein Team nun mit jeweils circa 400 Mitarbeitern auf die zwei Standorte Hannover und Köln (den alten Gerling-Sitz) verteilt, sei kein Problem. Der Talanx-Konzern habe sich bei seiner 2010 gestarteten Reorganisation bewusst für ein Multi-Standort-Konzept entschieden, das auch die Talanx Systeme AG umsetzt.

"Die Zentralisierung der beiden nahezu gleich großen IT-Standorte Hannover und Köln hätte sicherlich einige weitere Effizienzsteigerungen möglich gemacht", sagt Noth. "In der Güterabwägung mit dem dann entstehenden Risiko des Verlusts zentraler Wissens- und Leistungsträger haben meine Kollegen und ich die zusätzliche Herausforderung der Steuerung über Standortgrenzen hinaus aber gerne angenommen." Informatiker hätten ohnehin eine hohe Affinität zu modernen Kommunikationsmitteln.

Die Hannoveraner sind mittlerweile so Change-erfahren, dass sie jetzt auch einen eigenen Karrierepfad Projekt-Management eingeführt haben. Interessierte Mitarbeiter können im Rahmen dieser Projekt-Management-Laufbahn ein Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für ProjektmanagementProjektmanagement (GPM) aus Nürnberg erlangen. "Denn Change-Kompetenz können Sie nicht delegieren", sagt Noth. "Sie können zu keinem Externen sagen: Verändere mich mal!" Muss er auch nicht. Denn Noth kurbelt gern selbst. Sei es bei alten Autos oder neuen Systemen. Alles zu Projektmanagement auf CIO.de

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