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Porzellan zerschlagen

Die SAP AG und ihre Kunden

Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.

Weniger glänzt SAPs zweitgrößter Posten, der Verkauf von Lizenzen. Und der hat einen herben Schlag abbekommen. Um mehr als ein Drittel (minus 35 Prozent) sanken die Einnahmen aus genau dem Geschäft, das die Basis für spätere Wartungserlöse bildet. Nach rund 2,3 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum schrumpfte das Softwaregeschäft auf knapp 1,5 Milliarden in den ersten drei Quartalen 2009.

In ihren Statements zum abgeschlossenen dritten Quartal lenkt das SAP-Management gerne den Blick auf "Schwellenländer und Japan", der Motor ist aber vor allem hierzulande ins Stocken geraten. Mit rund einem Fünftel an SAPs Gesamtumsatz ist Deutschland immerhin nach wie vor einer der wichtigsten Einzelmärkte der Walldorfer. Richtig ist, dass Japan relativ gesehen am stärksten nämlich um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahresviertel schrumpfte. Doch absolut betrachtet sieht es ganz anders aus: In Japan setzte SAP 85 Millionen Euro um, am deutschen Heimatmarkt mit 481 Millionen mehr als das Vierfache dieses Betrags.

Die deutschen Kunden haben wahr gemacht, was sie voriges Jahr prophezeit hatten: Sie kaufen weniger Lizenzen. Den Rückgang allein dem Wartungspreis-Desaster zuzuschreiben wäre einseitig, plagen sich viele CIOs doch mit ganz anderen, oft sogar existenziellen Problemen. Doch klein beigeben sollten sie keineswegs – immerhin ist 2010 auch das Jahr, gegen dessen Ende Léo Apothekers Vertrag ausläuft.

"30 Cent von jedem Euro für SAPs Gewinn"

Stimmen aus Bremen

Auf dem Jahrestreffen der DSAG Ende September nach ihrer Meinung befragt, wichen viele IT-Verantwortliche aus. Sie möchten ihren Namen nicht in der Presse lesen. Warum? "Ich würde Ärger mit meiner Firma, aber auch mit SAP bekommen." Würde sich SAP bei ihnen beschweren? "Sicher nicht. Die würden das von oben reinkippen, also über unsere Geschäftsleitung."

"Wir können niemals aus SAP aussteigen. Wir haben in puncto SAP eine enorme Komplexität erreicht. Und zwar auch deshalb, weil SAP diese Komplexität anbietet."

"Als SAP den Zwangsumstieg auf Enterprise Support ankündigte, beschloss ich, den geplanten Upgrade von 4.7 auf 6.0 nicht durchzuführen. Ich sehe darin funktional keine echten Vorteile, dafür aber erhebliche Kosten."

"Wir überlegen, SAP ganz rauszuwerfen. Darüber spricht natürlich niemand. Mittelfristig ist das mit Risiken verknüpft, die der Unternehmensleitung zu groß sind. Langfristig werden wir uns aber nach Alternativen umsehen."

"Natürlich ist jetzt bei SAP viel von Offenheit die Rede. Aber als Enterprise Support eingeführt wurde, war das nicht der Fall. Das hat SAP Knall auf Fall durch-gezogen, ohne die Kunden zu fragen. Die DSAG hat schon viel gekämpft in dieser Sache, aber nur wenig erreicht. SAP zieht das ja durch, rückt nicht ab von seinem Modell."

"Raus kann niemand. SAP auszutauschen ist eine Operation am offenen Herzen."

"Das System ist eigentlich gut und funktioniert auch. Aber die Komplexität – da blicken immer weniger von unseren eigenen Leuten durch, was die Abhängigkeit von SAP weiter erhöht. Unsere Geschäftsleitung hat das Problem voll erkannt, weiß aber nicht so recht, was sie tun soll."

"In unserem Unternehmen spüren wir von Enterprise Support gar nichts – außer dass es teuer ist, natürlich."

"30 Prozent Gewinnmarge! Von jedem Euro, den ich nach Walldorf überweise, bleiben 30 Cent auf SAPs Konto – nur damit der Kapitalmarkt glücklich ist."

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