Weltweite mafiose Elektroschrott-Netzwerke

Dunkle Machenschaften in der Recyclingkette

Beate Wöhe leitete als Director Experts Network das IDG Experten-Netzwerk für alle Online-Portale der IDG Tech Media GmbH. Sie hatte diese Position nach über zehnjähriger Tätigkeit als Redakteurin und leitende Redakteurin des IDG-Titels ChannelPartner im Juli 2014 übernommen. 
Im vergangenen Jahr wurden 50 Millionen Flachbildfernseher, 300 Millionen PCs und 2 Milliarden Mobiltelefone und Smartphones verkauft. Schon bald wird eine Elektroschrott-Mafia aus einem Teil dieser Geräte milliardenschwere Gewinne ziehen, die, so wird vermutet, weit über den Einnahmen aus dem Drogenhandel liegen.

50 Millionen Tonnen Elektroschrott schieben weltweite Schmugglernetzwerke pro Jahr billig in die Dritte Welt ab. Die Filmproduzentin Cosima Dannoritzer recherchierte in ihrem Beitrag "Giftige Geschäfte - der Elektromüll-Skandal" die teilweise dunklen Kanäle, durch die in Europa entsorge Elektrogeräte geschleust werden. Die Endstation sind häufig Müllkippen zum Beispiel in Afrika, wie ein Filmbeitrag auf arte zeigte. Dort sind es vorwiegend Kinder, die sozusagen die endgültige Entsorgung durch Zerlegen und Verbrennen in einer entsprechend giftigen Umgebung vornehmen.

Nicht nur Kinderarbeit, sondern auch die wirtschaftlichen Schäden sind ein Thema. Die in Altgeräten enthaltenen Rohstoffe sind ein wichtiger wirtschaftlicher Bestandteil und werden illegal aus Europa ausgeführt. So wird nach Recherchen der Filmemacherin lediglich 1 Prozent der Mobiltelefone in Europa recycelt. Die daraus gewonnen Rohstoffe wie Gold Silber oder seltene Erden müssen also für die Neuproduktion zum Beispiel von China wieder zurückgekauft werden.

In gutem Glauben umweltverträglich entsorgt

Weltweit versuchen Polizei, Justiz und Umweltaktivisten, das Netzwerk von Scheinfirmen aufzudecken und zu stoppen. Auch der Journalist und Umweltaktivist Mike Anane geht gegen die Lieferung des Elektroschrotts nach Ghana vor. Er machte sich mit durch Inventarschilder eindeutig identifizierbaren Computerteilen, aus einer Mülldeponie auf den Weg nach Europa. Dort sprach er Mitarbeiter und Verantwortliche der Behörden an, von denen die Geräte ursprünglich entsorgt wurden und fragte sie, ob sie wüssten, dass ihre Geräte von afrikanischen Kindern unter gesundheitsgefährdenden Umständen endverarbeitet würden. Die Reaktionen schwankten zwischen Desinteresse auf Seiten der Polizei in West Yorkshire und Besorgnis bei der Stadtverwaltung in Leeds. "Schrecklich - das ist völlig unakzeptabel. Ist das überall in Afrika so?", fragt Stadtrat David Blackburne.

Wie der Filmbeitrag zeigt, ist das illegale Verschiffen von Abfällen auf Containerschiffen seit zwei Generationen weltweit Praxis, doch die Ermittlungen der dafür zuständigen Behörden verlieren sich oft im Nirwana. Ein Netz von Schein- und Schwesterfirmen, die teilweise nach einer Insolvenz unter anderem Namen wieder auftauchen sowie auch teilweise korrupte Mitarbeiter der Ermittlungsbehörden, die sich für den Eigengebrauch verwertbare Geräte sichern, machen es nahezu unmöglich, die genaue "Lieferkette" nachzuverfolgen.

Dabei verbietet die Basler Konvention, die auch die Europäische Union rechtsverbindlich umsetzt, die Ausfuhr von Elektroschrott. Dieser muss laut der Konvention innerhalb der EU recycelt werden. Die USA, die rund 80 Prozent ihres Elektroschrotts exportieren, haben bisher als einziges entwickeltes Land die Unterzeichnung dieser Erklärung verweigert. 170 Staaten sind der Vereinbarung beigetreten. In diesen Ländern bezahlen die europäischen Verbraucher jährlich über den im Kaufpreis bereits enthaltenen Recycling-Aufpreis rund 4 Milliarden Euro in das System, um den Herstellern und Händlern eine umweltverträgliche Lieferkette zu ermöglichen.

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