Strategien


BUSINESS-CONTINUITY

Gewappnet für den Ernstfall

05.11.2001

Schon am frühen Nachmittag des Unglückstags kam das IT-Team des New York Board of Trade im Notquartier an. Einige waren stundenlang durch die Stadt gelaufen, um nach Long Islang City zu gelangen. Am Abend desselben Tages lief das System. "Jeder wusste, wohin er zu gehen hatte. Das Notfallteam stand schon lange im voraus fest", sagt Gambaro. "Unsere Leute werden alle drei Monate auf den neuesten Stand gebracht, was sie im Ernstfall zu tun haben." Im Intranet waren die Informationen für die Mitarbeiter auch von zu Hause abrufbar. Viele kamen am nächsten Tag in das Notquartier, obwohl die Börse erst am darauf folgenden Montag wieder öffnete.

Auch deutsche Sicherheitsexperten raten, in Abständen von drei bis zwölf Monaten den Ernstfall zu proben. Neue Applikationen könnten schon innerhalb dieser Zeit geschäftskritisch werden, erklärt Comdisco-Mann Günther Karl. Und Roland Gruber, Fachbereichsleiter bei der Commerzbank, weiß, dass allein Umzüge von Abteilungen und hausinterne Umstrukturierungen die geschäftskritischen Prozesse verändern. Die Banker testen deshalb ständig, auf welche der knapp 10000 Frankfurter Arbeitsplätze sie im Ernstfall mit welchen Daten ausweichen können.

Gruber, der die Commerzbank immerhin seit 25 Jahren kennt, sagt, man habe in Frankfurt zwar durchgesetzt, bei jeder neuen Anwendung ein Katastrophen-Backup einzuplanen; das reiche indes nicht: "Sie müssen die Datensicherung auch auf geeignete Clients zurückspielen", sagt Gruber. "Dabei finden Sie bei jedem Test neue Schwierigkeiten."

Ken Berry, Leiter der regionalen IT-Sicherheit bei der Dresdner Bank in New York, hat diese Schwierigkeiten gerade hinter sich. Vier Stockwerke über der Warenterminbörse im Comdisco-Notfallzentrum sitzt der IT-Spezialist inzwischen wieder allein. Nur die grünen Bildschirmschoner, auf denen der Name der Bank prangt, erinnern noch daran, dass hier in den ersten eineinhalb Wochen nach dem 11. September ein Kernteam der Bank vierzig Arbeitsplätze belegt hatte. Das scheint wenig angesichts der 800 Mitarbeiter, die aus ihren Büros in der Wallstreet evakuiert worden waren, reichte aber, "um sicherzustellen, dass die Bank ihre Geschäfte fortführen konnte", sagt Berry.

Ein Teil der New Yorker Mitarbeiter konnte sich von zu Hause in das System der Bank einloggen. Unmittelbar nach der Krise kommunizierte das Management mit seinen Mitarbeitern über die Website und ließ sie telefonisch mit aktualisierten Standardnachrichten versorgen. Daten gingen auch der Dresdner Bank nicht verloren. Ähnlich wie das New York Board of Trade hat sie bei Comdisco ihr eigenes Computerzentrum. Seit dem 20. September arbeiten die Angestellten der Dresdner Bank wieder in ihren Büros in der Wallstreet. "Unser Notplan ist ausgesprochen glatt gelaufen", so Berry.

Zur Startseite