Strategien


IT-Infrastruktur

McKinsey: 11 Initiativen für mehr Kosteneffizienz

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Upgrades verschieben und Projekte abblasen reicht mittelfristig nicht aus, um die IT-Budgets im Griff zu behalten. Es gibt noch andere Wege.
Von Autobauern kann sich der CIO einiges abschauen. Meint in jedem Fall McKinsey.
Von Autobauern kann sich der CIO einiges abschauen. Meint in jedem Fall McKinsey.
Foto: Minerva Studio/Fotolia.com

Muss man überhaupt erwähnen, was gefühlt sowieso immer der Fall ist? Ja, muss man, wenn das immer gleiche Gefühl unterschiedliche Ursachen hat. Also: Das Geld ist wie stets knapp, Effizienzgewinne sind dringend geboten. CIOs kennen diese Schallplatte, die überraschenderweise nicht hängt, sondern sich tatsächlich beständig weiterdreht.

McKinsey hat sich vor diesem Hintergrund auf Basis von Diskussionen mit Managern aus Fortune Global 500-Firmen Gedanken über die IT-Infrastruktur gemacht. Herausgekommen ist eine Liste mit 11 Tipps, die Luft im Budget verschaffen sollen.

Mehr als 50 Gespräche mit Verantwortlichen aus den weltweit größten Unternehmen haben Björn Münstermann, Brent Smolinski und Kara Sprague, McKinsey-Berater in München, Atlanta und San Francisco geführt. Die darauf basierende Agenda präsentierten sie kürzlich auf der hauseigenen Homepage.

"Hochgradig unsichere geschäftliche Bedingungen sind in knappere Budgets gemündet", konstatiert das Trio. "Viele Infrastruktur-Manager haben sich deshalb beeilt, taktische Kostensenkungsmaßnahmen in die Wege zu leiten: Projekte abblasen, Lieferantenverträge rationalisieren, mit Anbietern nachverhandeln, Investitionen in Hardware- und Software-Upgrades verschieben."

Hinderlicher Hardware-Fokus

Strategisch reicht das nach Einschätzung von McKinsey offensichtlich nicht aus. Die Berater weisen jedenfalls darauf hin, dass die Budgetzwänge im neuen Jahr sicherlich nicht abnehmen dürften, aber dennoch die aktuellen Herausforderungen bewältigt werden müssten. Nötig sei eine Pipeline an Initiativen zur Kosteneffizienzverbesserung. Zur Verfügung stehen nach Ansicht der Consultants folgende 11 Hebel:

1. Kommerzielle Interaktionsmodelle: Konkret geht es um Interaktionsmodelle mit Geschäftspartnern im kommerziellen Stil, deren Nutzung McKinsey empfiehlt. Sowohl die Business Partner als auch die Verantwortlichen für Anwendungsentwicklung hätten in der Vergangenheit beklagt, größere Infrastrukturausgaben nicht beeinflussen zu können. Darauf hätten die Anbieter mit Modellen reagiert, die beispielsweise die Nutzung von Standard-Dienstleistungen auf Price-Times-Quantity-Basis oder Bottom-up-Einheitspreise je Service auf Grundlage einer detaillierten Materialberechnung beinhalten.

2. Projekte zerlegen: Laut McKinsey ist "Solutioning" einer der größten Treiber der Infrastrukturkosten: der unausweichliche Prozess, in dem geschäftliche Anforderungen in implementierbare Spezifikationen konvertiert werden. "Ziemlich granulare Entscheidungen über zu verwendende Betriebssystem-Versionen, Server-Modelle und Storage-Größe können die Kosten für das Hosten einer Applikation um den Faktor Zehn erhöhen", so McKinsey. Die Berater empfehlen den Infrastruktur-Verantwortlichen deshalb, sich die Denkweise von Elektroherstellern zu eigen zu machen, die ihre Produkte in Einzelteile zerlegen.

So müsse man auch an neue ProjekteProjekte und bestehende Systeme herangehen. Das heißt: in einem strukturierten Prozess die vollständige Palette an Hosting-Optionen darlegen; ein Mapping von wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Entscheidungsmöglichkeiten, eine Bewertung von Kosten, Performance und Risiken für jede einzelne Entscheidung, eine Einbindung von Geschäftspartnern in mögliche Zielkonflikte. McKinsey rät, dieses Verfahren zunächst bei neuen Projekten anzuwenden. Alles zu Projekte auf CIO.de

3. Belieferung wie in der Industrie: Procurement ist laut McKinsey bei der IT-Infrastruktur insbesondere deshalb eine echte Herausforderung, weil sich viele Firmen für die Hardware-Beschaffung geeignete Techniken angewöhnt haben - und an ihnen festhalten, obwohl längst mehr Geld für Software ausgegeben wird. Darin spiegelt sich dann nicht wider, wie fragmentiert die Software-Welt ist und wie teuer ein Umsteigen werden kann. Aufgrund langfristiger Verträge mit manchmal unrealistischen Zahlungsverpflichtungen kommt man aus dieser Klemme oft nicht einfach so heraus.

Ein verschärfter Wettbewerb auf Anbieterseite schafft nach Einschätzung der Berater zwar zusätzliche Komplexität, bietet aber auch Chancen. Die Empfehlung für die Infrastruktur-Abteilungen lautet abermals, sich die IndustrieIndustrie - etwa auch Automobilhersteller - zum Vorbild zu nehmen. Top-Firmen der Branche Industrie

McKinsey nennt eine ganze Reihe von Beispielen, die womöglich übernehmen werden können. So biete sich etwa eine enge Verzahnung von Produktdesign- und Procurement-Entscheidungen an, ebenso der Aufbau von Teams über Funktionsgrenzen hinweg. Außerdem könne in Procurement als Schlüsseldisziplin investiert werden, so dass die zuständigen Mitarbeiter sowohl über Business- als auch über Produktwissen verfügen. Instrumente wie langfristige Verträge oder Auktionen sollten dazu dienen, die niedrigst möglichen Kosten zu erreichen.

4. Mehr Skalierbarkeit und Effizienz: In den meisten Großunternehmen gibt es laut McKinsey Entwicklungs- und Rollout-Pläne für die Private Cloud. Mit derartigen Initiativen wollen die Firmen ihre Hosting-Kosten reduzieren und die Delivery-Geschwindigkeit erhöhen. Nach Ansicht der Berater kann die Adaption von hochskalierbaren Techniken, die von Social Media- und E-Commerce-Firmen vorangetrieben wurden, die Hosting-Umwelten der kommenden Generation durchaus verbessern.

Unnütze Cloud-Investitionen

"Diese Techniken beinhalten extensive Selbstbedienung oder Automatisierung, Software-definiertes Networking, gängige Komponenten und die aggressive Nutzung von Open Source-Technologien", so McKinsey. "Sie haben manche Firmen in die Lage versetzt, ihre Hosting-Kosten um die Hälfte oder sogar um drei Viertel zu drücken." Dennoch dürfe man sich nicht blind ins Abenteuer wagen. Zu berücksichtigen seien vorhandene Architekturen, die Verfügbarkeit der benötigten Skills, die Implikationen für die Performance und mögliche Lernschwierigkeiten der Anwendungsentwickler.

Viele Unternehmen benötigen endlich Betriebsmodelle für die Private Cloud. Sonst sind die Ausgaben für die Katz.
Viele Unternehmen benötigen endlich Betriebsmodelle für die Private Cloud. Sonst sind die Ausgaben für die Katz.
Foto: Tobias W./Fotolia.com

5. Betriebsmodelle mit Private Cloud: McKinsey beobachtet auch das Phänomen "Cloud Stall" - Ausgaben für die Private Cloud, die bisher für die Katz sind. Demnach wurden enormen Kapazitäten aufgebaut, die bislang nur für wenige Workloads genutzt werden. Das könne daran liegen, dass Migrationskosten gescheut werden, dass Zweifel an der Stabilität der Cloud-Umwelt bestehen oder dass das Zusammenspiel mit bestehenden Sourcing-Arrangements nicht hinhaut.

"Im kommenden Jahr müssen Infrastruktur-Abteilungen dazu übergehen, die Private Cloud nicht mehr als technologische InnovationInnovation zu behandeln, sondern als Chance zur Weiterentwicklung ihres Betriebsmodells", so das Autorentrio. Dazu gehören ihrer Meinung nach unter anderem Integration und Redesign der Prozesse, Ausweitung von Automatisierung und eine Konzentration der Verantwortlichkeit für die Private Cloud. Alles zu Innovation auf CIO.de

6. End User-Angebote verbessern: In vielen Firmen sind laut McKinsey die wichtigsten Mitarbeiter - zum Beispiel aus den Verkaufs-, Marketing- oder Forschungsabteilungen - vor allem von Tools abhängig, die im Kern an End User gerichtet sind, E-Mail oder Kalender beispielsweise. Für diese Nutzer und ihrer Produktivität seien Business-Anwendungen wie Customer Relationship Management (CRMCRM) weniger wichtig, als es bisher der vorherrschenden Denke in der IT entspricht. Alles zu CRM auf CIO.de

"Dennoch existiert in hohem Maße Unsicherheit über die Richtung dieser End User-Funktionalitäten", so McKinsey. Das betreffe etwa die richtige Balance aus Sicherheit und Mobilität, den fraglichen Nutzen von Unified Communications und Rich CollaborationCollaboration oder die Frage, ob der Produktivitätseffekt von Videokonferenzen eine Steigerung der Bandbreite-Ausgaben rechtfertigt. Nach Ansicht von McKinsey müssen derartige Fragen zügig klar beantwortet werden. Die Berater empfehlen, insbesondere auf die Integration diverser Tools zu setzen. Alles zu Collaboration auf CIO.de

7. Zuverlässigkeit zu akzeptablen Kosten: McKinsey erinnert an Naturkatastrophen wie den Hurrikan Sandy und die asiatischen Tsunamis. Diese haben auch schwierige Fragen für die Data Center-Strategie aufgeworfen. Ist es besser, Rechenzentren wegen der leichteren Synchronisierung der Abläufe nebeneinander zu bauen? Oder nimmt man lieber räumliche Trennung und damit gelegentliche kleinere Ausfälle in Kauf? Oder investiert man in mindestens drei Zentren - zwei eng verbundene und ein drittes woanders für den Extremfall?

Im Team mit dem CSO

"Naturgemäß werden verschiedene Firmen auf die Fragen verschiedene Antworten haben", sagen die McKinsey-Berater. Drei Aspekte seien aber immer zu berücksichtigen: die höchstmöglichen partiellen Kosten für Business-Anwendungen und Geschäftsprozesse, die Integration modularer und vorgefertigter Architekturen aus Flexibilitäts- und Kostengründen und die Zuverlässigkeit der Gesamtanlage - gerade auch im Hinblick darauf, dass Robustheit auf Kosten von Effizienz gehen kann.

8. Support für die Cyber-Sicherheit: Nach Ansicht der Berater ist es angesichts der Häufung von Cyber-Angriffen nicht mehr zielführend, die strategischen Aspekte der Cyber-Security an der Infrastruktur vorbei in Funktionen wie Enterprise Risk Management zu bündeln. Die Infrastruktur spiele künftig eine zentrale bei der Umsetzung von StrategienStrategien in diesem Feld. "Cyber-Sicherheit wird immer mehr von fortgeschrittenem Wissen und Analysen über die Vorgehensweisen der Angreifer abhängen", so McKinsey. "Das erfordert massive Mengen an Daten darüber, was im Unternehmensnetzwerk eindringt, woher es kommt und wer Zugang zu kritischen Systemen und Daten hat." Unabdingbar sei deshalb die Zusammenarbeit der Verantwortlichen für Infrastruktur und derjenigen für Sicherheit. Alles zu Strategien auf CIO.de

9. Andere Organisationsmodelle: McKinsey empfiehlt das Organisationsmodell "Plan-Build-Run". Die traditionelle Herangehensweise, die IT-Infrastruktur nach regionalen oder technologischen Kriterien zu organisieren, stoße mittlerweile an Grenzen. Regionale Konstrukte beispielsweise seien in Großunternehmen nicht ideal geeignet, um globale Geschäftsprozesse zu unterstützen. Zudem verliere im Zeitalter von Private Cloud, Converged Infrastructure, VirtualisierungVirtualisierung, IP-Telefonie und Unified Communications die klassische Unterscheidung zwischen End Usern, Rechenzentren und Netzwerken an Relevanz. Alles zu Virtualisierung auf CIO.de

Das alternative Modell besteht aus drei Elementen: "Plan" beinhaltet Service Management oder Relationship Management sowie Produktmanagement, "Build" umfasst Product Engineering und Deployment, "Run" steht für die Ausführung sämtlicher Operationen und des Supports.

10. Proaktives Karriere-Management: In den Firmen werden bisher technologische Spezialisten und effektive Operatoren ausgebildet. Aber nach Ansicht der Berater nicht die benötigten Business Leader, die Innovationen vorantreiben können, oder die Technologie-Integratoren, die Probleme auf Server-, Storage-, Netzwerk-, Datenbank- und Middleware-Ebene lösen können.

Zahlen als Schulungsbasis

McKinsey mahnt deshalb eine Verbreiterung beim Talent Management an. Drei Maßnahmen werden empfohlen: erstens Rotation, denn High Performer sollten Erfahrung in verschiedenen Technologie-Gebieten sammeln; zweitens Anwerben und Rekrutieren von Fachleuten, die auf Anbieterseite in der Anwendungsentwicklung und der kommerziellen Technologie tätig sind; drittens nicht-technologisches Training, um den Aufbau von Problemlösungskompetenz und die Aneignung von Business-Wissen zu fördern.

11. Performance Management fürs Frontpersonal: Die Autoren erkennen weit verbreitete Defizite bei den Mitarbeitern an der Front Line, also am Help Desk, bei System- und Datenbank-Administratoren und Desktop-Technikern. Implementierte Metriken seien häufig allein auf die Technologie, aber nicht auf das Personal ausgerichtet. "Das Ergebnis ist, dass schwache Performer nicht die nötigen Schulungen erhalten, dass Leistungsträgern die Anerkennung versagt bleibt und dass Produktivität und Qualität leiden", so Münstermann, Smolinski und Sprague.

Die drei Berater empfehlen, Metriken wie die pro Tage bearbeiteten Tickets auch als Grundlage für individuelle Schulungen zu nutzen, um so die persönliche Leistung der Mitarbeiter zu verbessern. Zu überdenken sei ferner die Home Office-Strategie. Eventuell sei es zielführend, zu Hause arbeitende Mitarbeiter zurück ins Unternehmen zu holen, um regelmäßigen Kontakt mit ihren Chefs und Kollegen sicherzustellen.

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