Cloud Computing


Conrad Electronic

100 Prozent Cloud sind nicht genug

Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Software-Entwicklung in der Cloud

Mehr als die Hälfte der Wegstrecke in die Cloud habe man bereits geschafft, berichtet Drabek. Auf der Cloud-Plattform arbeiteten heute beispielsweise die gesamte E-Commerce-Middleware und alle Frontend-Systeme. Auch erste Backend-Systeme wie das Digital-Asset-Management laufen in der Cloud. Unter Middleware versteht der Manager eine Microservices-basierte Plattform, auf der alle kundennahen Prozesse wie Pricing und Fulfillment laufen. Conrad hat einige dieser Anwendungen in der Google Cloud selbst entwickelt. Für das Management der aktuell rund 1050 Microservices setzt das IT-Team unter anderem auf Containertechniken, wie sie Google mit seiner Kubernetes Engine anbietet.

Auch das SAP-System S/4HANA will Conrad Electronic künftig in der Google-Cloud betreiben.
Auch das SAP-System S/4HANA will Conrad Electronic künftig in der Google-Cloud betreiben.
Foto: Conrad Electronic

Auch das CRM-System baut Drabeks Team lieber selbst in der Google Cloud. Ein "System von der Stange" wie etwa Salesforce.com würde Conrad Nachteile bringen, führt er aus. Denn dazu müsste die IT etliche maßgeschneiderte und bewährte Funktionen ausmustern, die die Mitarbeiter bislang in mehreren kundenbezogenen Anwendungen nutzen.

S/4HANA-Migration steht noch aus

Nachholbedarf gibt es im Backend. Hier laufen noch etliche SAP-Kernsysteme lokal, darunter das Order- und das Lieferanten-Management sowie das Product Information System (PIM). Bis 2020 will Drabek die Migra­tion auf S/4HANA gestemmt haben. Das System soll allerdings nicht in SAPs Cloud-Umgebung, sondern in der Google Cloud laufen. Als Gründe nennt der Digitalchef neben Kostenvorteilen die "technische Überlegenheit" der Google Cloud. Zudem erreiche man eine bessere Performance, wenn alle Systeme in einer Cloud betrieben würden statt auf mehreren unterschiedlichen Plattformen. Hinzu komme die Möglichkeit, die gesamten Daten in der Cloud zu verwalten und auch mit Hilfe von Machine-Learning-Services zu nutzen.

Aufgeräumt hat Drabek bereits im Bereich Datenhaltung für die E-Commerce-Plattform. Die lange Zeit genutzten Oracle-Datenbanken löste er durch das Open-Source-System PostgreSQL ab. Das lokale Data Warehouse will er durch ein System auf Basis von Apache Kafka in der Google Cloud ersetzen. Am Ende der Cloud-Migration werde man sich dann auch für das Rechenzentrum in Hirschau einen anderen Einsatzzweck überlegen müssen.

Vertikale Teams entwickeln Software

Auch in der Anwendungsentwicklung geht der Digital-Manager neue Wege. Sogenannte vertikale Teams für Bereiche wie "Produkt", "Suche" oder "Checkout" arbeiten weitgehend selbständig an ihren Programmen. Sie nutzen agile Methoden und können beispielsweise eigenständig entscheiden, wann sie ein neues Release ausliefern. Laut Drabek kann es sich dabei auch um sehr kurze Zyklen handeln. Zu den Mitgliedern eines vertikalen Teams gehören neben dem Product Owner sowohl IT-Spezialisten als auch Fachexperten oder Datenexperten, die sich beispielsweise um Requirements oder Prozessfragen kümmern.

Eng verbunden mit der Cloud-Strategie sind die digitalen Aktivitäten. Conrad Electronic verfolgt dabei drei Stoßrichtungen:

  • Kundenbezogene Initiativen,

  • Innovationen mit dem Schwerpunkt IoT.

Im ersten Bereich gehe es um die Frage: "Was tun wir für die Kunden?", erläutert der CDDO. Aus strategischer Sicht wolle man sowohl mit den auf Consumer ausgerichteten Online-Kanälen wachsen als auch mit dem Kanal zu Unternehmenskunden. Drabek: "Am Ende möchten wir eine Plattform sein, die für B2C- und B2B-Kunden Mehrwerte schafft." Dazu habe man beispielsweise den "Conrad Marketplace" aufgebaut, auf dem B2B-Kunden auf ein ständig wachsendes Technik- und Elektroniksortiment von Conrad selbst und von Partnern zugreifen könnten.

Über eine API-Plattform können Geschäftskunden zudem beispielsweise Daten zu Produkten, Preisen und Umsätzen abrufen und in ihre eigenen Systeme einspielen. Darüber hinaus können sie die E-Procurement-Lösungen von Conrad nutzen und so ihre internen Prozesse optimieren.

Eine relativ junge Initiative ist die Serviceplattform "Conrad Friends". Privat- und Geschäftskunden können darüber anderen Nutzern Installations- und Reparaturdienste sowie Produkttrainings anbieten.

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