Strategien


A.T. Kearney über Digitalisierung

Überleben hängt vom Netzwerk ab

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Branchenübergreifende Kooperationen brauchen Firmen in der Zukunft. Führungskräfte benötigen dafür ein anderes Denken, so eine Studie von A.T. Kearney.
  • "Ändern oder untergehen. Eine Begegnung mit der Wertschöpfung von morgen" nennen die Berater von A.T. Kearney ihre Studie
  • Die Hälfte der Studienteilnehmer fühlt sich vom digitalen Wandel in seiner Existenz bedroht
  • Erst gut jedes zweite Unternehmen erarbeitet gemeinsam mit externen Partnern Innovationen
  • Die Digitalisierung bedroht 2,7 Millionen Jobs in der Produktion
Laut A.T. Kearney hängt die Zukunft eines Unternehmens von seiner Kooperationsfähigkeit mit Partnern und Kunden ab.
Laut A.T. Kearney hängt die Zukunft eines Unternehmens von seiner Kooperationsfähigkeit mit Partnern und Kunden ab.
Foto: Syda Productions - shutterstock.com

"Ändern oder untergehen", dieses dramatische Motto stellt A.T. Kearney seiner Studie "Eine Begegnung mit der Wertschöpfung von morgen" voran. Die Berater haben gemeinsam mit dem Institut für Demoskopie Allensbach rund 100 Entscheider in Deutschland aus der Automobil-, Maschinenbau- und Elektroindustrie befragt. Fazit: Jeder Zweite fühlt sich vom digitalen Wandel in seiner Existenz bedroht.

Dieses Bedrohungsgefühl konkretisiert sich in der Angst vor Konkurrenz aus ursprünglich fremden Branchen. Ein plakatives Beispiel dafür ist Google. Das Unternehmen, das mit einer Suchmaschine startete, schickt selbstfahrende Autos auf die Straßen. Die Studienteilnehmer äußern die Angst, dass sich ganze Industrien auflösen werden.

5 Thesen zur Wertschöpfung von morgen

Die Consultants leiten aus den Ergebnissen folgende fünf Thesen ab.

1. Die Digitalisierung sprengt Industriegrenzen

Konkurrenz kommt von branchenfremden, jungen Unternehmen mit hohem Verständnis für dieDigitalisierungDigitalisierung, so A.T. Kearney. Der Ruf scheint Gehör zu finden: 35 Prozent der Befragten wollen binnen fünf Jahren in "neue Industrien" eintreten. Langfristig planen 43 Prozent diesen Schritt. Eine Minderheit von vier Prozent der etablierten Unternehmen gibt an, sich "sehr gut auf den Wandel vorbereitet" zu sehen. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

2. Umgang mit Ängsten und neuen Führungsherausforderungen

"Unternehmen spiegeln ihre Anforderungen teilweise zu stark an dem bisher Erreichten der zukünftigen Manager", sagt Michael Ensser, Managing Partner der Personalberatung Egon Zehnder. Die wachsende Komplexität der Arbeit eines Top-Entscheiders und die disruptiven Entwicklungen des Business verlangten aber andere Kriterien. Personaler müssen das Potenzial eines Kandidaten besser einschätzen können.

"Das ist schwerer auszuleuchten als die bisher demonstrierte Kompetenz", führt Ensser aus, "es schließt komplexere, teils sozialpsychologische Aspekte mit ein." Künftige Führungskräfte bräuchten Offenheit für Neues, müssten sich permanent hinterfragen, den firmenweiten Diskurs und die vorhandene Kreativität fördern sowie Mitarbeiter für den Change emotional mobilisieren können.

3. Kooperation statt Konkurrenz als Erfolgsmotto

Wettbewerbsvorteile generieren Unternehmen künftig nur durch die Zusammenarbeit mit Zulieferern, Kunden und Wettbewerbern, erklärt A.T. Kearney. Noch aber bezeichnen erst 54 Prozent der Befragten gemeinsame Innovationen mit Zulieferern als Teil ihrer Strategie. 61 Prozent kooperieren "gar nicht eng" mit Wettbewerbern. Die Berater kommentieren: "Die Öffnung fällt recht schwer."

Immerhin nennt A.T. Kearney Beispiele für eine gelungene Kooperation: BSH Hausgeräte hat gemeinsam mit dem Startup Relayr eine "Spielwiese" aufgemacht. Beide Partner arbeiten an der Verknüpfung von Haushaltsgeräten mit Sensoren, Thermostaten, Wetterstationen und Webcams.

Modellhaft für das Zusammenwirken echter Konkurrenten sind Audi, BMW und Daimler: Die Autobauer haben gemeinsam den Kartendienst Here übernommen. Johannes Reifenrath, Leiter Produktstrategie und -planung Mercedes Benz Cars, sieht die nächsten Player schon am Horizont: Gigantische chinesische Telekommunikationsunternehmen mit hunderten Millionen treuer Kunden hätten genug Geld und Power, jederzeit ins Automobilgeschäft einzusteigen und den Markt ordentlich zu erschüttern.

4. In den Fabriken arbeiten kaum noch Menschen

Die Digitalisierung gefährdet 2,7 Millionen Arbeitsplätze in produzierenden Berufen, hat A.T. Kearney ausgerechnet. Das entspricht 42 Prozent. Die menschenleere Fabrik sei künftig keine Ausnahme mehr, sondern die Regel.

In Sachen Fertigung greifen die Berater auch den 3D-Druck auf. Diesem sagen sie einen Siegeszug voraus. Wird für 2010 ein Kostenindex von 100 Prozent zugrunde gelegt, sinkt dieser 2020 auf 53 Prozent und 2030 auf 28 Prozent. General Electrics (GE) schätzt, dass bis 2022 fast jedes zweite Teil für GEs Turbinen und Flugzeugtriebwerke aus 3D-Druckern stammen wird.

5. Unternehmen werden lernen, schneller zu planen und ihre Strategie neu auszurichten

Johan Aurik, Managing Partner und Chairman of the board bei A.T. Kearney, rät Unternehmenslenkern, verschiedene Szenarien durchzuspielen, um sich strategisch für den Wandel zu rüsten. Außerdem plädiert er für mehr Diversity innerhalb deutscher Vorstände. Aurik wörtlich: "Man braucht andere Leute, die das eigene Denken infrage stellen." Auch die Zusammenarbeit mit Startups sei sinnvoll.

In einer Gesamtbetrachtung will Aurik nicht der "German Angst" das Wort reden. Als "großer Optimist" sagt er: "Ich bin mir sicher: Ein paar Dinosaurier werden uns noch zeigen, dass sie fliegen können."

Hier finden sie alle Ergebnisse der Studie "Ändern oder untergehen. Eine Begegnung mit der Wertschöpfung von morgen"

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