Markenrechtsverletzung

Was darf die Amazon-Suchmaschine und was nicht?

15.02.2018
Bei der Produktsuche im Netz steuern viele Anwender nicht Google, sondern Amazon an. Manche Hersteller wollen dort aber gar nicht erscheinen, weil sie sich bewusst andere Vertriebswege suchen. Zwei Streitfälle stehen nun vor dem Bundesgerichtshof.
Nicht alle Unternehmen wollen, dass ihre Produkte in der Amazon-Suche erscheinen.
Nicht alle Unternehmen wollen, dass ihre Produkte in der Amazon-Suche erscheinen.
Foto: Daniel Krason - shutterstock.com

Der Internet-Handelsriese AmazonAmazon meint meist schon nach den ersten Buchstaben im Suchfeld zu wissen, was man will. Angezeigt werden dann eine Reihe von Produkten, die den Wünschen entsprechen könnten. Ob sich Amazon dabei immer auf rechtlich sicherem Grund befindet, prüft jetzt der Bundesgerichtshof in zwei Fällen. Denn es gibt Unternehmen, die ihre Markenrechte verletzt sehen (I ZR 201/16 und I ZR 138/16). Alles zu Amazon auf CIO.de

Wer legt sich da mit Amazon an und warum?

Das mittelständische Unternehmen Ortlieb Sportartikel GmbH aus dem fränkischen Heilsbronn produziert wasserdichte Fahrradtaschen, Rucksäcke und andere Freizeitausrüstung. Das Unternehmen goFit Gesundheit GmbH mit Sitz im österreichischen Kindberg vertreibt eine Matte zur Fußreflexzonenmassage. Sie wollen nicht, dass ihre Produkte über die Plattform vertrieben werden und sie wollen auch nicht, dass die Suche nach ihren Produkten zu Alternativangeboten führt.

Warum wollen sie nicht, dass ihr Name zu anderen Produkte oder Anbietern führt?

Ortlieb vertreibt seine Produkte über Fachhändler, goFit über Kooperationspartner und über den eigenen Internetauftritt. Beide Unternehmen haben sich gegen Handelsplattformen wie Amazon entschieden und sehen einen Missbrauch ihrer geschützten Marken, wenn Suchworteingaben dazu benutzt werden, ähnliche Produkte aus zum Teil deutlich niedrigeren Preissegmenten anzubieten.

Was sagen die Beteiligten der Auseinandersetzung?

Ortlieb habe sich 2011 für ein selektives Vertriebssystem entschieden, sagt Vertriebsleiter Martin Esslinger. "Wir sehen unser Produkt als ein Qualitätsprodukt mt hohem Erklärungsbedarf." Kundenservice und Reparierbarkeit der Produkte seien dabei entscheidend. Daher würden die Händler entsprechend geschult. Der Fachhandel dürfe auch online verkaufen, jedoch nicht über Handelsplattformen. Ortlieb gehe es um Markenidentität und Markenhoheit. Nach Überzeugung des Unternehmens sucht ein Kunde, der Ortlieb eingibt, gezielt nach dieser Marke. "Sonst würde er nur Fahrradtasche eingeben." Daher verletze Amazon die Marken- und Wettbewerbsrechte.

Nach Überzeugung des goFit-Rechtsanwalts Arthur Waldenberger benutzt Amazon den Markennamen, um alternative Produkte zu bewerben. "Amazon will mit seinen Suchwortvorschlägen die Nutzer in die Irre führen und diese glauben machen, dass die goFit-Gesundheitsmatte bei Amazon erhältlich sei, was sie aber nicht ist." Amazon hänge sich an den guten Ruf des Zeichens goFit an, kritisiert Waldenberger.

Ein Amazon-Sprecher teilte mit, dass man laufende Verfahren nicht kommentieren wolle.

Wie ist die Rechtslage?

Die Unternehmen stützen sich auf das Markengesetz. Paragraf 14 gewährt dem Inhaber einer Marke ein ausschließliches Recht, nur er darf sie nutzen.

Im Fall Ortlieb haben Land- und Oberlandesgericht München im Sinne der Kläger entschieden. Demnach kann sich das Unternehmen Amazon nicht darauf berufen, dass es die Marke nicht benutzt, weil die Kunden sie selbst in die Suchmaske eingäben und die Trefferliste das Ergebnis eines Algorithmus' (Formel) sei, der die Trefferliste zusammenstelle.

Im Fall goFit hatte das Landgericht Köln dem Unternehmen Recht gegeben. Das Oberlandesgericht hob das Urteil jedoch auf und entschied im Sinne von Amazon. Die Bezeichnung goFit werde zwar zur Bewerbung auf der Internetseite des Unternehmens eingesetzt. Es fehle aber an der kennzeichenmäßigen Benutzung des Begriffs.

Welche Bedeutung hat der Fall für Verbraucher?

Sollte der BGH zugunsten der beiden Hersteller entscheiden, müsste Amazon seine Algorithmen wohl so verändern, dass die Eingabe der beiden Markennamen zu keinen Ergebnissen führt. Bei anderen Plattformen ist das nach Esslingers Angaben bereits so eingerichtet.

Falls der BGH im Sinne von Amazon entscheidet, müssen es die Hersteller dulden, dass die Suche nach ihren Produkten zu allen möglichen Angeboten führt. Das würde auch dann gelten, wenn ihre Angebote über Amazon gar nicht erhältlich sind. (Sönke Möhl, dpa/ib)

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