Selbstorganisierte autarke Teams

Agile Führung gibt es nicht

Ivan Kovynyov ist Principal bei Zühlke Engineering AG in Zürich. Er schreibt zu Themen der digitalen Transformation in Unternehmen, Digitalisierung von Prozessen, Digital-Strategie, agilen Methoden und Innovation. Der Fokus seiner Beiträge liegt auf der Schnittstelle zwischen Business und IT.

Schauen Sie sich die Lebensläufe der Führungskräfte in Ihrem Unternehmen an: Wo sind da die Studienabbrecher und Non-Konformisten? Sind Sie sich da sicher, dass aktuelle Besetzungen alleine die richtigen Personen sind, die den radikalen Wandel meistern und die Unternehmen ins digitale Zeitalter führen?

Führung und Selbstorganisation

Alle sozialen Systeme organisieren sich grundsätzlich von selbst: Schwarm-Intelligenz oder Kinder im Sandkasten. Viele Agilisten setzen nun auf Selbstorganisation und empfehlen autarke, selbst-organisierende Teams. Es wäre jedoch leichtsinnig anzunehmen, dass solche Teams von sich aus loslaufen und ohne jegliche Steuerung operieren. Schauen wir genau hin, welche Führungsarbeit ist notwendig, um ein solches Team aufzustellen und zu betreiben.

Ein Team ist üblicherweise mit einer gemeinsamen Mission ausgestattet: einem Grund seiner Existenz, einer zu erfüllenden Aufgabe. Im Rahmen dieser Mission hat das Team seine Entscheidungsfreiheit und kann sich selbst organisieren. Die Führungskräfte sind dafür zuständig, solche Missionen zu definieren und dem Team zu kommunizieren.

Führungskräfte "schirmen" Teams vor negativen Einflüssen ab und schaffen Freiraum

Das Team soll die Entscheidungs- und Fachkompetenz haben, um die Mission zu erreichen. Die Führungskräfte stellen die notwendigen Ressourcen zur Verfügung und akquirieren geeignete Mitarbeiter. Denn Selbstorganisation setzt bekanntlich bestimmte persönliche Reife voraus. Darüber hinaus wird häufig die Arbeitsmethode, z.B. Scrum oder Kanban, auch durch die Führungskraft vorgegeben. Das Team hat lediglich die Freiheit in der Anwendung dieser Methode. Ein laufendes Team soll lediglich den Freiraum zur Entwicklung und Eigendynamik haben. Die Führungskräfte "schirmen" das Team von den negativen Einflüssen ab und wahren diesen Freiraum.

Auch mit Umfang mit den selbstorganisierten Teams ist klassische Führungsarbeit gefragt: Ziele formulieren und kommunizieren, Zielerreichung tracken, das Team gegen äußere negative Einflüsse schützen, den Flow managen. Es ist unumstritten, dass die Führungskraft im Umgang mit selbstorganisierten Teams mehr loslassen muss: weg von Kontrolle zu mehr Gestaltung. Das hat jedoch nicht unbedingt mit agilen Methoden zu tun und was ist hier substanziell anders gegenüber dem bereits seit geraumer Zeit bekannten Ansatz des partizipativen Führens?

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