Projekte


Logistik

Rossmann entwickelt Kernsystem mit Low-Code

Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.

Low-Code: Software-Entwicklung ohne Grenzen

"Ursprünglich fürchteten wir durchaus, dass Entwickler bei der Nutzung von Low- oder gar No-Code-Lösungen früher oder später an einen Punkt stoßen würden, an dem die Grenze des Systems erreicht ist", berichtet Piotr Jugiel, stellvertretender Leiter der IT-Abteilung bei Rossmann Polen. "Sei es, weil der erforderliche Anpassungsgrad nicht erreicht werden kann, oder weil Schnittstellen fehlen." Einfache Benutzbarkeit bedeute in gewisser Weise eben auch immer Einschränkungen.

Piotr Jugiel, stellvertretender Leiter der IT-Abteilung bei Rossmann Polen: "Ursprünglich fürchteten wir durchaus, dass Entwickler bei der Nutzung von Low- oder gar No-Code-Lösungen früher oder später an einen Punkt stoßen würden, an dem die Grenze des Systems erreicht ist."
Piotr Jugiel, stellvertretender Leiter der IT-Abteilung bei Rossmann Polen: "Ursprünglich fürchteten wir durchaus, dass Entwickler bei der Nutzung von Low- oder gar No-Code-Lösungen früher oder später an einen Punkt stoßen würden, an dem die Grenze des Systems erreicht ist."
Foto: Rossmann Poland

OutSystems stelle hier jedoch eine Ausnahme dar: Das System liefere echten Standard-Code, der sowohl auf Client- als auch auf Server-Seite beliebig modifiziert sowie durch eigenen Code erweitert werden könne. So ließen sich einmal entwickelte Anwendungen vollständig an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Jugiel: "Beispielsweise haben wir ohne Probleme eine Druckfunktionalität ergänzt, die standardmäßig nicht durch die OutSystems-Plattform bereitgestellt wird."

IT-Teams schrittweise von Low-Code überzeugen

Dennoch sei es nicht leicht gewesen, die Entwickler von einer Low-Code-Lösung zu überzeugen", ergänzt Robert Haber, Business Solutions Architect bei Rossmann Polen. "Unsere Entwickler waren die klassischen etablierten Programmiersprachen gewohnt und hatten Vorbehalte gegenüber der Technologie." Unternehmen, die auf ähnliche Skepsis stoßen, empfiehlt er, professionellen Entwicklern die Low-Code-Technologie im ersten Schritt nicht als Allheilmittel zu präsentieren. Zielführender sei es, in einzelnen Bereichen zu zeigen, wie Entwicklungsprozesse von Low-Code profitieren können, beispielsweise bei der Interface-Erstellung oder im Rapid Development.

Haber: "Idealerweise lassen sich dazu auch Use Cases mit konkreten Ergebnissen vorstellen. Entscheidend ist, schrittweise Vertrauen aufzubauen." Dabei habe es sich bei Rossmann bewährt, Junior-Entwickler an die Plattform heranzuführen. Diese sammelten erste Erfahrungen mit der Technologie, lernten die Vorteile schätzen und entwickelten gleichzeitig ihre Fähigkeiten Schritt für Schritt weiter.

Einfache OutSystems-Anwendungen entwickelt Rossmann inzwischen inhouse, bei komplexeren Applikationen greift man auf externe Entwickler zurück. Insgesamt 25 Anwendungen konnten so bereits erstellt und in den Produktivbetrieb gehen, weitere befinden sich in Planung. Knapp 20.000 Anwender - 4.000 "Heavy Users" in der Zentrale sowie 16.000 Nutzer in Filialen - arbeiten täglich mit den erstellten Programmen.

Geschäftskritische Logistik mit Low-Code

"Entgegen der am polnischen Markt recht weit verbreiteten Ansicht, dass sich Low-Code hauptsächlich für kleinere Anwendungen wie beispielsweise simple Tools für das Backoffice eignet, haben wir sehr schnell herausgefunden, dass dies für OutSystems in keinster Weise zutrifft", sagt Haber. So finden sich unter den von Rossmann Polen erstellten Apps neben einfacheren Konfiguratoren und kleineren Anwendungen, die keinerlei Integrationen aufweisen, auch zwei komplexe, geschäftskritische Lösungen, die in der IT-Infrastruktur eingebettet sind.

Die Logistik-App "S-Hub" etwa steht im Zentrum der Supply ChainSupply Chain. Sie ist im zentralen Verteillager von Rossmann Polen auf Android-Terminals installiert und wird dafür genutzt, sowohl eingehende als auch ausgehende Lieferungen zu scannen und je nach Zielfiliale weiterzuleiten. Dazu werden die Waren von Lkws auf kleinere Transporter verladen, da nur diese für die Belieferung der Filialen in Warschau von den strengen Fahrbeschränkungen ausgenommen sind. Im Rahmen des Scanprozesses wird auch verbucht, ob die Lieferung unbeschadet ist, eventuell vorhandene Siegel intakt sind sowie die erforderlichen Versanddokumente vorliegen. Alles zu Supply Chain auf CIO.de

"S-Hub ist für uns absolut geschäftskritisch und muss sechs Tage die Woche zuverlässig funktionieren, damit unsere Filialen den benötigten Nachschub erhalten", betont Jugiel. "Ansonsten stehen unsere Kunden vor leeren Regalen." Seit Mitte 2020 werde das System nun schon genutzt und kontinuierlich weiterentwickelt, etwa um neue Paketarten zu unterstützen.

Task-Management und Zeiterfassung mit Low-Code

Eine weitere OutSystems-Anwendung ist "Herakles", ein Task-Management-System, das es Mitarbeitern in der Zentrale ermöglicht, Aufgaben an Mitarbeiter in den Filialen oder externe Dienstleister zu verteilen. Damit lässt sich beispielsweise prüfen, ob neue Spezialregale in allen Filialen korrekt montiert wurden oder sich jüngst Sicherheitsvorfälle ereignet haben. Zahlreiche weitere mobile Apps will der Händler ebenfalls mithilfe der Low-Code-Plattform erstellen. Dazu zählt beispielsweise eine Zeiterfassung für Mitarbeiter im Lager.

"Darüber hinaus möchten wir OutSystems-Lösungen in Zukunft noch stärker für Workflow-bezogene Aufgaben einsetzen", erklärt Haber. Die Voraussetzung dafür sei, dass die Low-Code Plattform nicht nur in der Zentrale, sondern im gesamten Unternehmen genutzt werde. Darüber spreche man bereits mit dem Softwareanbieter. (wh)

Zur Startseite